Verkürztes Restschuldbefreiungsverfahren im Insolvenzverfahren

Die Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz (EU-Richtlinie 2019/1023) schreibt vor, dass unternehmerisch tätige Personen Zugang zu einem Verfahren haben müssen, das es ihnen ermöglicht, sich innerhalb von drei Jahren zu entschulden. Die Richtlinie ist bis zum 17. Juli 2021 in nationales Recht umzusetzen.

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Richtlinienvorgaben zur Restschuldbefreiung umsetzt, wonach das Verfahren nur noch drei Jahre statt bisher im Regelfall sechs Jahre dauern soll. Die Regelungen gelten nicht nur für unternehmerisch tätige Schuldner, sondern auch für Verbraucherinnen und Verbraucher. Anders als bislang soll es dabei künftig für die Restschuldbefreiung nicht mehr erforderlich sein, dass die Schuldnerinnen und Schuldner ihre Verbindlichkeiten in einer bestimmten Höhe tilgen. Bislang war eine Restschuldbefreiung nach 3 Jahren nur möglich, wenn die Schuldnerinnen und Schuldner mindestens 35 % der Verbindlichkeiten sowie die Verfahrenkosten aufbringen konnten, nach 5 Jahren, wenn wenigstens die Verfahrenskosten durch die Schuldnerinnen und Schuldnergezahlt wurden.

Die Laufzeiten bei den außergerichtlichen Einigungsversuchen und bei gerichtlichen Schuldenbereinigungsplänen sollen die Verkürzung beim Insolvenzverfahren widerspiegeln. Kürzere Laufzeiten beim AEV bedeuten aber i.d.R. auch kleinere Quoten.

Allerdings müssen Schuldnerinnen und Schuldner auch weiterhin bestimmten Pflichten und Obliegenheiten nachkommen, um eine Restschuldbefreiung erlangen zu können, z.B. einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen. Darüber hinaus werden die Schuldnerinnen und Schuldner in der sog. Wohlverhaltensphase stärker zur Herausgabe von erlangtem Vermögen herangezogen. Außerdem wird ein neuer Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung geschaffen, wenn in der Wohlverhaltensphase unangemessene Verbindlichkeiten begründet werden.

Die Verfahrensverkürzung soll für Verbraucherinnen und Verbraucher zunächst bis zum 30. Juni 2025 befristet werden, um etwaige Auswirkungen auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbraucherinnen und Verbraucher beurteilen zu können. Dazu soll die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2024 einen Bericht erstatten, um eine Entscheidungsgrundlage für eine etwaige Entfristung zu schaffen. Der Bericht soll auch auf etwaige Hindernisse eingehen, die von den bestehenden Möglichkeiten der Speicherung insolvenzbezogener Informationen durch Auskunfteien (z.B. Schufa oder Creditreform) für einen wirtschaftlichen Neustart nach Restschuldbefreiung ausgehen.

Die Verkürzung des Verfahrens soll insgesamt nicht dazu führen, dass die Schuldnerin oder der Schuldner im Falle einer erneuten Verschuldung auch schneller zu einer zweiten Restschuldbefreiung kommen kann. Daher wird die derzeitige zehnjährige Sperrfrist auf elf Jahre erhöht und das Restschuldbefreiungsverfahren in Wiederholungsfällen auf fünf Jahre verlängert.

Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre soll für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt werden. Für Anträge vor dem 1. Oktober 2020 erfolgt eine anteilige Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens.

ZMUDAbernhard berät begrüßt gerade in Zeiten, in denen Corona die Insolvenzzahlen in die Höhe treibt, ein für den Schuldner vereinfachtes Verfahren.

 

Benjamin Bernhard, Rechtsanwalt